Klage auf Zulassung des Bürgerbegehrens 
Die Klageschrift     Teil 1 Sachverhalt     Teil 2 Rechtliche Würdigung    Druckversion (pdf)   





Verwaltungsgericht Braunschweig
Am Wendentor 7

38100 Braunschweig






Berlin, 26. März 2004
Unser AZ: 4029 sdw / ads / mni
Sekretariat: Frau Mnich
Durchwahl: 0 30 - 39 92 50 - 22
4029-VG Braunschweig-Klage-040326




Klage


der Initiative Bürgerbegehren Schlosspark,
vertr. d. Herrn Prof. Berthold Burkhardt, Frau Nicole Palm, Herrn Knut Meyer-Degering,
Zeppelinstraße 7, 38106 Braunschweig,

Klägerin,

Prozessbevollmächtigte:
de Witt Müller-Wrede Rechtsanwälte,
Bernburger Straße 24-25, 10963 Berlin,

gegen

den Verwaltungsausschuss der Stadt Braunschweig,
vertreten durch den Oberbürgermeister,
Langer Hof 1, 38100 Braunschweig,
Beklagten,

wegen Zulassung des Bürgerbegehrens Schlosspark Braunschweig.
 




Namens und in beglaubigter Vollmacht der Klägerin erheben wir

K l a g e

und beantragen,

den Verwaltungsausschuss der Stadt Braunschweig zu verpflichten, das Bürgerbegehren Schlosspark Braunschweig mit folgendem Gegenstand:

„Der überwiegende Teil des Schlossgartens (Schlosspark) soll dauerhaft im gegenwärtigen Bestand als Parkanlage und Erholungsfläche für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Braunschweig erhalten bleiben.“

zuzulassen.


Begründung

1.  Sachverhalt

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, das von ihr initiierte Bürgerbegehren zum Erhalt des Schlossparks in Braunschweig zuzulassen. Die Klägerin ist eine Bürgerinitiative, die sich für den dauerhaften Erhalt des Schlossparks in Braunschweig in seinem gegenwärtigen Bestand als Parkanlage und Erholungsfläche einsetzt.

Auslöser für die Gründung der Initiative waren die Vereinbarungsverhandlungen der Stadt Braunschweig mit dem potentiellen Investor, der ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG, die hinter verschlossenen Türen stattfanden. In diesen definierte der Braunschweiger Oberbürgermeister das städtische Zukunftsinteresse neu. Der Bereich des Schlossparks sei "durch ein attraktives, in das Stadtbild eingepasstes innerstädtisches Einkaufszentrum neu zu ordnen". Ohne Wissen der Bürgerinnen und Bürger von Braunschweig wurde dieses neu erfundene städtische Interesse zum Leitmotiv der sogenannten "Entwicklungsvereinbarung zwischen Stadt Braunschweig und der ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG". Die Stadt Braunschweig beabsichtigte, das in ihrem Eigentum stehende ca. 34.000 qm große Schlosspark-Grundstück an die ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG zu veräußern.

1.1    Diese Pläne der Stadt Braunschweig wurden Geschäftsgrundlage des "Vorvertrages über die Grundzüge der vertraglichen Regelungen für das Vorhaben ECE-Einkaufszentrum Schlosspark" vom 24.06.2003.

        Vorvertrag vom 24.06.2003, Anlage K 1

In § 3 Abs. 1 des Vorvertrages heißt es:

„Die Stadt überträgt ECE das Eigentum am Schlosspark-Grundstück (ca. 25.000 m², entspricht Fläche der geplanten Bebauung, Wert: 33,5 Mio. € zuzüglich 1,755 Mio. € Einstellplatzablösung, insgesamt = 35,255 Mio. €). Die Platzflächen auf dem Schlosspark-Grundstück bleiben im Eigentum der Stadt und werden als öffentliche Flächen gewidmet. Weitere Einzelheiten, wie z. B. Rücktrittsrechte und aufschiebende Bedingungen, werden in dem noch zu verhandelnden Grund-stückskaufvertrag geregelt.“

Der kaufpreisfreien Grundstücksübertragung durch die Stadt werden Leistungen seitens ECE gegenübergestellt, die nicht über das hinausgehen, was ein Bauherr bei einem planungsbedürftigen Bauvorhaben dieser Art üblicherweise als Folgekosten – so beispielsweise die Umgestaltung der öffentlichen Verkehrsflächen - investieren muss. Das Unternehmen ECE beabsichtigt, auf dem Schlossparkareal ein Center unter dem Namen „Schlosspark-Arkaden“ mit einer Verkaufsfläche von 30.000 qm zu bauen. Als einzige Gegenleistung für die Übertragung des Schlosspark-Grundstücks mit einem geschätzten Wert von mindestens 33,5 Mio. € verpflichtet sich ECE, das Einkaufszentrum im Bereich des ehemaligen Standortes des Schlosses mit einer etwa 16 cm dicken Fassadenattrappe in Gestalt des historischen Residenzschlosses versehen zu lassen.

        Vorvertrag vom 24.06.2003, Anlage K 1
        Bauwelt, 1-2, 2004, S. 38ff., Anlage K 2
 
Das Land Niedersachsen hatte das Schlosspark-Areal mit Vertrag vom 23.03.1955 an die Stadt Braunschweig veräußert. Das Land hatte der Stadt zur Finanzierung des vereinbarten Kaufpreises von 1.250.000,- DM seinerzeit eine Beihilfe in Höhe dieses Betrages aus Haushaltsmitteln des Landes gewährt. Gemäß § 3 des Vertrages ist die Stadt berechtigt, anstelle der damals noch existierenden Schlossruine ein anderes repräsentatives Gebäude auf dem Grundstück zu errichten, wobei die bebaute Fläche eine Größe von rund 11.000 qm nicht überschreiten darf. Ein Verkauf des Grundstücks erfordert nach § 5 des Vertrages die Zustimmung des Finanzministers des Landes Niedersachsen.

        Kaufvertrag vom 23.03.1955, Anlage K 3


1.2.
    Die bekannt gewordenen Pläne der Stadt, das Schlosspark-Grundstück an ECE zu übertragen, damit dort ein neues Einkaufszentrum errichtet wird, veranlasste die Klägerin zur Einleitung eines Bürgerbegehrens. Mit Schreiben vom 23.06.2003, eingegangen per Telefax am selben Tag, zeigte die Klägerin die Einleitung eines Bürgerbegehrens mit folgendem Inhalt an:

“Der überwiegende Teil des Schlossgartens (Schlosspark) soll dauerhaft im gegenwärtigen Bestand als Parkanlage und Erholungsfläche für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Braunschweig erhalten bleiben.“

Zur Begründung des Begehrens wird im wesentlichen ausgeführt, dass der Schlosspark als „Grüne Lunge“ an einer hoch frequentierten Verkehrsachse im Stadtzentrum gesichert werden soll. Hinsichtlich der Kosten wird darauf verwiesen, dass eine positive Entscheidung im Sinne des Begehrens kostenneutral sei, da lediglich der status quo erhalten werden solle. Als Vertreter des Begehrens werden die im Rubrum Bezeichneten benannt.    

        Anzeige des Bürgerbegehrens vom 23.06.2003, Anlage K 4,
        Bürgerbegehren, Anlage K 5


1.3.
    Einen Tag nach der Anzeige des Bürgerbegehrens, am 24.06.2003, hat die Stadt Braunschweig mit ECE einen Vorvertrag über die Grundzüge der vertraglichen Regelungen für das Vorhaben ECE-Einkaufszentrum Schlosspark geschlossen. In dem Vorvertrag verpflichtet sich ECE, auf dem Schlosspark-Grundstück eine bauliche Anlage zu errichten und diese mindestens 10 Jahre als Einkaufszentrum zu betreiben und im Bereich des ehemaligen Standortes eine Fassade in Gestalt der historischen Schlossfassade anzubringen. Die Stadt verpflichtet sich ihrerseits, das Eigentum am Schlosspark-Grundstück an ECE zu übertragen. Der Vorvertrag soll gem. § 7 Abs. 2 erst Wirksamkeit erlangen, wenn der Rat der Stadt seine Zustimmung zum B-Plan-Aufstellungsbeschluss für das Projekt und zum Vorvertrag erteilt hat.

        Vorvertrag vom 24.06.2003, Anlage K 1

Mit Schreiben vom 03.07.2003 wies der Oberbürgermeister die Klägerin darauf hin, dass das Bürgerbegehren gem. § 22 b Abs. 5 Satz 2 Niedersächsische Gemeindeordnung (NGO) mit den zur Unterstützung erforderlichen Unterschriften binnen sechs Monaten, beginnend mit dem Eingang der Anzeige, einzureichen sei. Nachdem das Begehren am 23.06.2003 angezeigt worden sei, ende die Frist am 23.12.2003.

        Schreiben des Oberbürgermeisters vom 03.07.2003, Anlage K 6

In seiner Sitzung vom 08.07.2003 beschloss der Rat der Stadt mit einer Stimme Mehrheit entsprechend der Beschlussvorlage vom 24.06.2003 die Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zur Errichtung eines Einkaufzentrums auf dem Schlosspark-Grundstück. Die Beschlüsse wurden am 18.07.2003 bekannt gemacht.

        Schreiben des Oberbürgermeisters vom 28.01.2004, Anlage K 7

Das Land Niedersachsen und die Stadt Braunschweig einigten sich mit notariellem Vertrag vom 22.12.2003, dass das Land seine Rechte aus dem Schlossvertrag nicht mehr geltend macht und dem Verkauf des Schlossparkareals durch die Stadt zustimmt. Grundlage des Verzichts ist eine von der Stadt versprochene Kompensation durch eine wertsteigernde Überplanung von bestimmten Landesliegenschaften. Das Recht des Landes Niedersachsen ist nach Äußerungen des Oberbürgermeisters inzwischen bereits im Grundbuch gelöscht.


        Schreiben des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 13.02.2004, Anlage K 8,
        Presseerklärung des Oberbürgermeisters vom 17.02.2004, Anlage K 9


1.4.    Am 19.12.2003 reichte die Klägerin insgesamt 31.524 Unterschriften ein, von denen der Beklagte 24.028 anerkannte. 7.497 Unterzeichner wurden wegen angeblich mangelnder Bestätigung des Wahlrechts als ungültig erachtet.

        Schreiben des Oberbürgermeisters vom 28.01.2004, Anlage K 7

In seiner Sitzung vom 27.01.2004 wies der Beklagte das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Mit Schreiben vom 28.01.2004 (Anlage K 8), zugegangen am 29.01.2004, informierte der Oberbürgermeister die Klägerin hierüber. Zur Begründung dieser Entscheidung wird ausgeführt, dass das nach der Gemeindeordnung erforderliche Quorum zwar erreicht, das Begehren aber auf einen unzulässigen Gegenstand gem. § 22 b Abs. 3 S. 2 Nr. 6 NGO gerichtet sei. Das Begehren wende sich gegen die bauplanungsrechtlichen Entscheidungen des Rates der Stadt. Für den Bereich des Schlossparks seien bereits Beschlüsse zur Änderung des Flächennutzungsplans und zur Aufstellung eines Bebauungsplans zur Überplanung mit einem Einkaufszentrum gefasst worden. Das Bürgerbegehren zum Erhalt des Parks widerspreche den beabsichtigten Festsetzungen und verfolge die Verwirklichung bauplanerischer Vorstellungen außerhalb des Bebauungsplanverfahrens. Außerdem sei das Begehren als nunmehr kassatorisches Bürgerbegehren gegen die am 18.07.2003 bekannt gemachten Beschlüsse verfristet. Es sei erst nach Ablauf der in § 22 b Abs. 5 S. 3 NGO vorgesehenen Dreimonatsfrist eingereicht worden. Im übrigen enthalte das Begehren keinen ausreichenden Kostendeckungsvorschlag. Der Erhalt des Schlossparks sei nicht kostenneutral. Bei Nichtrealisierung entstünden der Stadt Braunschweig Kosten bzw. Einnahmeausfälle für Erschließungs- und Straßenausbaumaßnahmen im Bereich Bohlweg/Georg-Eckert-Straße durch ECE in Höhe von 11,45 Mio. €, Verluste zusätzlicher Steuereinnahmen von jährlich ca. 650.000,00 €,- bei Erhalt des Schlossparks - Pflegekosten in Höhe von jährlich ca. 120.000,00 € sowie Verluste von Sondernutzungsgebühren bei Nichtrealisierung des Vorhabens. 

Hinsichtlich der Vereinbarungen zwischen der Stadt Braunschweig und dem Land Niedersachsen einerseits und den Vereinbarungen zwischen der Stadt und ECE andererseits kann unser Vortrag derzeit nicht weiter vertieft werden, da seitens der Stadt hierüber so gut wie keine Informationen an die Öffentlichkeit weitergegeben werden. Auf Grundlage unseres derzeitigen Kenntnisstandes dürfte die zwischen Land und Stadt vereinbarte „Kompensationslösung“ nichtig sein, da es sich um eine rechtlich unzulässige Planungsvereinbarung handelt, die den Vorgaben des Baugesetzbuches eindeutig widerspricht. Auch die Vereinbarungen zwischen Stadt und ECE begegnen erheblichen rechtlichen Bedenken. Der Vorvertrag zwischen Stadt und ECE ist bereits aus formalen Gründen wegen Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form unwirksam. Der in dem Vorvertrag anvisierte Grundstückskaufvertrag ist nach unserer Auffassung aus materiellen Gründen nichtig. Die Überlassung des Schlossparkgrundstücks nebst Einstellplatzfreistellung durch die Stadt Braunschweig an ECE soll ohne angemessene Gegenleistung erfolgen und stellt daher eine europarechtlich unzulässige Beihilfe dar. Denn mit der kaufpreisfreien Grundstücksüberlassung wird ECE von der Stadt Braunschweig ein geldwerter Vorteil in Höhe von 33,5 Mio. € gewährt, die ECE gegenüber anderen Unternehmen klar begünstigt. Zu den näheren Einzelheiten sei auf das Rechtsgutachten des Rechtsanwalts Große Hündfeld von Rechtsanwälte Baumeister verwiesen.

Rechtliche Stellungnahme von Rechtsanwalt Große Hündfeld, Rechtsanwälte Baumeister, Anlage K 10

Zur Vertiefung unseres Sachvortrages und zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes beantragen wir schon jetzt, die Verwaltungsvorgänge beizuziehen und uns Einsicht in die Akten zu gewähren.  



2.     Rechtliche Würdigung

2.1     Allgemeine Leistungsklage

Die Klage auf Zulassung des Bürgerbegehrens ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Mit einer allgemeinen Leistungsklage kann grundsätzlich ein Handeln der Verwaltung verlangt werden, das nicht im Erlass eines Verwaltungsaktes besteht oder davon abhängt. Die statthafte Klageart richtet sich nach dem klägerischen Begehren. Das klägerische Begehren ist hier auf die Zulassung des Bürgerbegehrens und damit auf einen Realakt gerichtet. Mit dem Antrag auf Einleitung des Bürgerbegehrens gem. § 22 b NGO ist zwischen den Beteiligten ein kommunalverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis begründet worden. Die Einordnung als Kommunalverfassungsstreit entspricht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, wonach eine Bürgerinitiative insoweit eine nach § 22 b Abs. 1 NGO organschaftliche Stellung innerhalb der Gesamtorganisation der Gemeinde einnimmt, die sie berechtigt, eine Entscheidung über eine Gemeindeangelegenheit herbeizuführen. Sie nimmt keine personalen Individualrechte des Außenrechtsbereichs, sondern eine innerorganschaftliche Zuständigkeit im Innenrechtskreis wahr.

OVG Lüneburg, 10 M 5396/97, B. v. 08.12.1997, NdsVBl 1998, 96; OVG Lüneburg, 10 M 1723/98, B. v. 27.05.1998, NdsVBl 1998, 240; so auch OVG Bautzen, B. v. 06.02.1996, NVwZ-RR 1997, 241; OVG Koblenz, U. v. 06.02.1996, NVwZ-RR 1997, 241

Die Klägerin hat in Bezug auf das von ihr vertretene Sachanliegen eine Rechtsstellung im kommunalrechtlichen Innenrechtsverhältnis. Mangels Außenwirkung ist die Entscheidung des Beklagten, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen, kein Verwaltungsakt. Eine Verpflichtungsklage auf Zulassung des Bürgerbegehrens ist als statthafte Klageart daher ausgeschlossen.

Die Klägerin ist entsprechend § 61 Nr. 2 VwGO fähig, am verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein. Die Beteiligungsfähigkeit folgt aus der Beurteilung der Bürgerinitiative – die Unterzeichner in ihrer Gesamtheit – als kommunalrechtliches Quasi-Organ.

Vgl. OVG Lüneburg, 10 M 5396/97, E. v. 08.12.1997, NdsVBl. 1998, 96; Fischer, DÖV 1996, 181 (185); Schliesky, DVBl. 1998, 169 (170); Meyer, NVwZ 2003, 183 (184)

Terminologisch wird für die Beteiligte der Begriff Bürgerinitiative anstelle des Bürgerbegehrens verwendet, da das Bürgerbegehren selbst den Gegenstand bzw. das Ziel meint, für das sich die Gesamtheit der Unterzeichner einsetzt.

        Vgl. VGH Kassel, NVwZ 1997, 310

In ihrer gemeindlichen Quasi-Organstellung kann der Klägerin gem. § 61 Nr. 2 VwGO in Bezug auf das von ihr verfolgte Sachanliegen ein Recht auf Zulassung des Bürgerbegehrens zustehen.

Die Rechte der Klägerin werden gem. § 62 Abs. 3 VwGO durch ihre nach § 22 b Abs. 4 S. 3 NGO benannten Vertreter wahrgenommen. Die im Bürgerbegehren benannten Vertreter nehmen die Rechte der Unterzeich-ner als Prozessvertreter wahr und sind insoweit zur Vornahme aller Verfahrenshandlungen einschließlich der Bestellung von Prozessbevollmächtigten berechtigt.

Vgl. OVG Lüneburg, 10 M 986/00, B. v. 24.03.2000, NdsVBl. 2000, 195; OVG Koblenz, NVwZ-RR 1997, 241

Sollte das Gericht der Auffassung zur Beteiligungsfähigkeit der Bürgerinitiative nicht folgen, sind jedenfalls deren Vertreter selbst als Kläger beteiligungsfähig gem. § 61 Nr. 1 VwGO. Denn § 22 b Abs. 4 S. 3 NGO weist ihnen eine eigene Rechtsposition zu, aufgrund derer sie die Interessen der Unterzeichner des Begehrens im materiellen Sinne vertreten können.

        Vgl. hierzu OVG Münster, NVwZ-RR 2003, 448

Der Beklagte ist als gemeindliches Kollegialorgan gem. § 56 NGO nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig und wird durch den Oberbürgermeister gem. § 62 Abs. 3 VwGO vertreten.

Die Klägerin ist analog § 42 Abs. 2 VwGO auch klagebefugt. Auch bei Streitigkeiten im Innenverhältnis ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Als solches Recht kommt hier der Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens gem. § 22 b Abs. 1 NGO in Betracht. Aufgrund der Zurückweisung des Begehrens durch den Beklagten kann die Klägerin geltend machen, in ihrem Recht, eine Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger über eine Angelegenheit der Gemeinde zu beantragen, verletzt zu sein. 

2.2    Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens gem. § 22 b NGO

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens gem. § 22 b NGO. Die Entscheidung des Beklagten, das Bürgerbegehren als unzulässig zurückzuweisen, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für die Zulassung eines Bürgerbegehrens, die nicht im Ermessen der Beklagten steht, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch begründet, lagen bei Eingang des Bürgerbegehrens am 19.12.2003 gem. § 22 b Abs. 6 S. 1 NGO vor. Die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens beurteilt sich nach § 22 b NGO. Die einzelnen Voraussetzungen für die Zulassung eines Bürgerbegehrens folgen aus § 22 b Abs. 2 bis 5 NGO.

2.2.1    Quorum gem. § 22 b Abs. 2 NGO

Zunächst ist das nach § 22 b Abs. 2 S. 1, 3. Halbsatz NGO erforderliche Quorum erreicht worden. Das Bürgerbegehren wurde von mindestens 24.028 wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Braunschweig unterzeichnet. Die Unterschriften entsprechen den Anforderungen des § 22 b Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 22 Abs. 3 NGO. 

2.2.2    Zulässiger Gegenstand gem. § 22 b Abs. 3 NGO

Das Bürgerbegehren bezieht sich auch auf einen zulässigen Gegenstand gem. § 22 b Abs. 3 S. 1 NGO. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das Begehren der Klägerin nicht auf die Aufhebung der bauplanerischen Entscheidungen des Rates, sondern auf den Erhalt des Schlossparks als gemeindlichem Bauwerk gerichtet. Dieses Ergebnis folgt aus der Auslegung des Begehrens. 

Mit einem Bürgerbegehren kann beantragt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde über eine Angelegenheit der Gemeinde entscheiden, § 22 b Abs. 1 NGO. In § 22 Abs. 3 NGO wird dies näher konkretisiert. Danach können Gegenstand eines Bürgerbegehrens nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises sein, für die der Rat gem. § 40 Abs. 1 NGO zuständig ist oder sich gem. § 40 Abs. 2 NGO die Beschlussfassung vorbehalten hat und zu denen nicht innerhalb der letzten zwei Jahre ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist. Eingeschränkt wird der Gegenstand des Begehrens durch den Negativkatalog des § 22 b Abs. 3 S. 2 NGO, der Bürgerbegehren zu bestimmten Sachthemen für unzulässig erklärt. Hierzu gehören gem. § 22 b Abs. 3 S. 2 Nr. 6 NGO u.a. die Aufstellung oder Änderung von Bauleitplänen nach dem BauGB. Sinn und Zweck des Ausschlusses bestehen darin, zu solchen Angelegenheiten keinen Bürgerentscheid durchzuführen, die einen häufig vielschichtigen Abwägungsprozess voraussetzen und sich daher nicht auf eine mit Ja oder Nein zu beantwortende Frage reduzieren lassen. Eine gegen die Beschlüsse des Rates der Stadt zur Änderung des Flächennutzungsplanes und zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans der Stadt gerichtetes Begehren wäre danach unzulässig. Die insofern zutreffende Auffassung des Beklagten, der hierbei auf ein Rechtsgutachten von Prof. Finkelnburg rekuriert, ist jedoch für das vorliegende Begehren nicht einschlägig.

Dies folgt aus der Formulierung des Begehrens. Das Ziel eines Bürgerbegehrens muss hinreichend klar und deutlich zum Ausdruck kommen. Hierfür genügt es, dass sich der Inhalt der zur Abstimmung gestellten Entscheidung aus der Sicht der Unterzeichner mit hinreichender Eindeutigkeit und unter Zuhilfenahme der allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB aus dem Begehren einschließlich der Begründung ergibt.

VG Hannover, U. v. 23.02.2000, Az. 3488/99, NdsVBl. 2001, 101; OVG Greifswald, NVwZ-RR 1997, 306 (307)

Danach richtet sich das Bürgerbegehren schon nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht gegen die bauplanerischen Beschlüsse, das Schlosspark-Gelände mit einem Einkaufszentrum zu überplanen. Vielmehr wird die Frage zur Abstimmung gestellt, ob der Schlosspark als Parkanlage und damit als Bauwerk dauerhaft erhalten bleiben soll.

Der Begriff eines Bauwerks folgt aus der Definition der baulichen Anlage im Sinne des BauGB. Der Schlosspark ist als bauliche Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Der Begriff der Anlage besagt, dass es sich um eine künstliche, d.h. von Menschenhand angelegte Einrichtung handeln muss. Baulich ist eine solche Einrichtung, wenn sie bodenrechtliche Relevanz aufweist, d.h. Gegenstand einer Bauplanung sein kann.

Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Band 2, § 29 BauGB Rn. 24

Beide Voraussetzungen liegen hier vor. Der Schlosspark wurde seinerzeit künstlich angelegt und weist als Grünanlage im innerstädtischen Bereich bodenrechtliche Relevanz auf.

Der Erhalt eines gemeindlichen Bauwerks ist aber als Angelegenheit der Gemeinde ein zulässiger Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Vorliegend handelt es sich sogar um eine bedeutende Angelegenheit der Gemeinde, da es bei dem Erhalt des Bauwerks auch um die Erhaltung des öffentlichen Raums geht, der privaten Investoren geopfert werden soll. Dass der Erhalt eines Bauwerks nicht ausdrücklich im Zuständigkeitskatalog des § 40 Abs. 1 NGO erwähnt ist, ist unschädlich. Denn der Verweis auf § 40 Abs. 1 NGO dient allein dazu, den Gegenstand des Bürgerbegehrens auf die Gegenstände zu beschränken, die im Verhältnis zu anderen Gemeindeorganen in der Kompetenz des Rates liegen. Der Sinn dieser Beschränkung erschließt sich aus der Regelung des § 22 b Abs. 11 NGO. Das Bürgerbegehren hat gem. § 22 b Abs. 11 NGO die Wirkung eines Ratsbeschlusses und kann daher nur Gegenstände betreffen, die in der Kompetenz des Rates liegen. Die Entscheidung über den Erhalt eines Bauwerkes liegt aber ohne weiteres in der Kompetenz des Rates der Stadt.

Vor diesem Hintergrund ist die Formulierung des Begehrens schon nach seinem eindeutigen Wortlaut auf den Erhalt des Schlossparks als Parkanlage und Erholungsfläche gerichtet. Weder der Wortlaut noch die Begründung des Begehrens bieten Anhaltspunkte dafür, dass sich das Begehren vom Standpunkt eines Unterzeichners als gegen die bauplanerischen Beschlüsse der Stadt gerichtet interpretieren lässt. Zwar mag der Erhalt des Schlossparks tatsächliche Konsequenzen für die bauplanerischen Vorstellungen des Rates haben. Das Begehren allein aus diesem Grund als gegen diese Planungsbeschlüsse gerichtet anzusehen, ist jedoch unzulässig, da dies zu einer erheblichen Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 22 b Abs. 3 S. 2 Nr. 3 NGO führen würde. Die Frage der tatsächlichen Verwendung eines gemeindlichen Grundstücks ist von der Überplanung eines Grundstücks durch den Rat zu trennen.

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln, wonach ein auf die Verhinderung der in einem Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden bauplanerischen Vorstellungen der Gemeinde gerichtetes und diesen Festsetzungen widersprechendes Bürgerbegehren auch dann unzulässig ist, wenn die Verhinderung nicht das einzige Ziel und der Bebauungsplan im Bürgerbegehren nicht erwähnt wird.

        VG Köln, U. v. 3.9.1999, Az.: 4 K 2849/97, juris, NWVBl 2000, 269

Zunächst bezieht sich das Bürgerbegehren anders als in dem von dem Verwaltungsgericht Köln zu beurteilenden Sachverhalt nicht gegen einen bestimmten Ratsbeschluss zur Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens und dessen Korrektur. Denn der Antrag auf Zulassung des Bürgerbegehrens lag zeitlich vor dem Aufstellungsbeschluss des Stadtrates am 24.06.2003. Ein offener Widerspruch zwischen Aufstellungsbeschluss und dem Bürgerbegehren konnte gar nicht entstehen, da zum Zeitpunkt des Antrags auf Zulassung des Bürgerbegehrens noch kein Aufstellungsbeschluss gefasst war.

Hintergrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln ist die Vermeidung divergierender Entscheidungen zwischen dem Gemeinderat und den Vertretern des Bürgerbegehrens zu bauplanungsrechtlichen Entscheidungen, die durch die Exklusivität des Bauleitverfahrens nach dem Baugesetzbuch ausgeschlossen ist. Würde der Bebauungsplan beschlossen und hätte das Bürgerbegehren Erfolg, so müsste die Gemeinde - mindestens befristet (§ 22 b Abs. 11 NGO) - allen Bestrebungen entgegenwirken, die der Realisierung dieses Einkaufszentrums dienen.

Die Gemeinde als Eigentümerin wäre also gehindert, dass Grundstück zum Zweck der Bebauung zu veräußern oder den Park zu beseitigen. Das hindert die Gemeinde der Planungsträgerin nicht, einen Bebauungsplan zu beschließen. Die Gültigkeit des Bebauungsplans ist nicht davon abhängig, dass ECE Eigentümerin des Baugrundstücks wird.

Der Ausschluss eines Bürgerbegehrens bei bauplanerischen Entscheidungen geht nicht soweit, jedes Bürgerbegehren, das durch seine Zielsetzung mittelbar den planerischen Absichten des Gemeinderates widerspricht, als unzulässig zu erachten. Zur Reichweite eines Negativkatalogs, der u.a. Begehren in Bezug auf Maßnahmen der Bauaufsichtsbehörde für unzulässig erklärt, führt der VGH Kassel hinsichtlich eines Bürgerbegehrens zum Erhalt von Festungsmauern, die einer Tiefgarage weichen sollten, aus:

„Träfe die Ansicht zu, dass alle interkommunalen Willensentschließungen, zu deren Umsetzung auch baurechtliche Maßnahmen in Betracht kommen können, unzulässig wären, würde das Bürgerbgehren derart weitgehend eingeschränkt, dass ein großer Teil der wichtigen Angelegenheiten, die eine Gemeinde betreffen, nämlich alle Bauten betreffende Fragen, wie etwa auch die Errichtung von Bürgerhäusern – die die Erteilung von Baugenehmigungen voraussetzen – nicht mehr Gegenstand eines Bürgerbgehrens sein könnten, was erkennbar nicht dem Sinn des § 8 b HessGO entspricht.“ (VGH Kassel, NVwZ 1996, 722)

Ähnlich argumentiert das Oberverwaltungsgericht Greifswald in einer Entscheidung zur Zulassung eines Bürgerbegehrens zum Bau einer Tiefgarage durch einen privaten Investor. Zur Zulässigkeit dieses Begehrens heißt es:

„Sinn und Zweck dieses Ausschlusses (§ 20 Abs. 3 Nr. 3 MVKommVerf. a.F., mittlerweile ist das Bauleitverfahren in den Negativkatalog des § 20 Abs. 3 Nr. 4 KommVerf. aufgenommen worden, Anm. d. Verf.) liegt darin, über solche Angelegenheiten kein Bürgerbegehren durchzuführen, weil vielschichtige Abwägungsprozesse vorzunehmen sind, die nicht, wie für einen Bürgerentscheid und -begehren erforderlich, auf einen mit Ja oder Nein zu beantwortende Frage reduziert werden können. ... Selbst wenn das Bauleitverfahren ebenfalls unter diese Ausschlußnorm fallen würde, hindert dies nicht, die Absicht des allgemeinen Förderns des Projekts zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens zu machen. Denn zum einen werden neben der Einleitung eines Bauleitplansverfahrens Vorplanungen und Begleitplanungen durchgeführt, in denen über das Ob und Wie eines solchen Projekts entschieden wird. Zum anderen betrifft der genannte Abwägungsprozeß im wesentlichen städtebauliche Gesichtspunkte (vgl. § 1 V, VI BauGB), wobei die weiteren, etwa infrastrukturellen oder wirtschaftspolitischen Belange allenfalls im Rahmen der städtebaulichen Abwägung Bedeutung gewinnen, nicht aber Gegenstand der eigentlichen Entscheidung sind. Gleiche Erwägungen gelten für die Frage der Veräußerung von Grundeigentum der Gemeinde, wenn es darum geht, im Vorfeld die Grundsatzentscheidung im Zusammenhang mit einem Projekt zu treffen, für dessen Realisierung weitere Erwägungen erforderlich sind.“ (OVG Greifswald, NVwZ 1997, 306 (308))

Würde der Ausschlusstatbestand des § 22 b Abs. 3 S. 2 Nr. 6 NGO auf alle die Errichtung oder den Erhalt von Bauten betreffenden Fragen ausgedehnt, würde ein großer Teil der wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde von vorneherein einem Bürgerbegehren entzogen. Alle Baulichkeiten, die in einen Bebauungsplan einbezogen werden können oder werden, wären dann als zulässiger Inhalt eines Bürgerbegehrens automatisch ausgeschlossen. Eine solche restriktive Interpretation ist mit der gesetzgeberischen Entscheidung, die Bürgerinnen und Bürger durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid unmittelbar am demokratischen Willensbildungsprozess zu beteiligen, unvereinbar. In der kommunalrechtlichen Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte wird die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens zur Errichtung, dem Abriss oder dem Erhalt von Bauten daher als zulässig zugrundegelegt. Nur diese Auslegung ermöglicht die vom Gesetzgeber gewollte demokratische Partizipation der Bürger.

VGH Kassel, NVwZ 1996, 722 (724) mwN; OVG Greifswald, NVwZ 1997, 306 (308)

Auch die Tatsache, dass sich das Begehren zum Erhalt des Schlossparks zwangsläufig gegen seine Veräußerung zum Zwecke der Errichtung eines Einkaufszentrums richtet, steht der Zulässigkeit des Begehrens nicht entgegen. Bürgerbegehren für oder gegen die Verfügung über Gemeindevermögen, insbesondere die Veräußerung von Grundstücken sind gem. § 22 b Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 11 NGO zulässig.

Vgl. hierzu OVG Lüneburg, 10 L 1946/99, B. v. 22.10.1999, NdsVBl. 2000, 31

2.2.3    Formelle Voraussetzungen gem. § 22 b Abs. 4 NGO

Das Bürgerbegehren erfüllt auch die formellen Voraussetzungen des § 22 b Abs. 4 NGO.

Auch wenn das Begehren hier nicht in Form einer Frage formuliert wurde, ist dies unschädlich, da eine intendierte Fragestellung genügt.

Vgl. Schumacher, in: Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Band 1, § 20 GO, 6.4.

Hinter der Formulierung des Begehrens verbirgt sich die Frage, ob der Schlosspark in seinem gegenwärtigen Bestand dauerhaft erhalten bleiben soll. Diese Frage lässt sich, wie in § 22 b Abs. 4 Satz 1 NGO gefordert, ohne weiteres mit Ja oder Nein beantworten. Das Bürgerbegehren ist gem. § 22 b Abs. 4 S. 2 NGO schriftlich eingereicht worden. Es enthält die von § 22 b Abs. 4 S. 2 NGO geforderte Begründung.

Auch der Vorschlag zur Deckung der mit der Ausführung der Entscheidung verbundenen Kosten oder Einnahmeausfälle gem. § 22 b Abs. 4 S. 2 NGO ist ausreichend. Dass sich der Kostendeckungsvorschlag des Begehrens auf den Hinweis der Kostenneutralität beschränkt, genügt. Denn eines Deckungsvorschlags bedarf es nicht, wenn die Ausführung der zur Abstimmung gestellten Sachentscheidung keine Kosten verursacht oder offensichtlich die günstigere zu einem von der Gemeinde beschlossenen Vorhaben darstellt. 

VG Hannover, U. v. 23.02.2000, Az. 1 A 3488/99, NdsVBl. 2001, 101; OVG Lüneburg, 10 M 986/00, B. v. 24.03.2000, NdsVBl. 2000, 195; vgl. auch OVG Lüneburg, 10 ME 82/03, B. v. 11.08.2003, NordÖR 2003, 405 

Da das Begehren auf die Erhaltung des status quo gerichtet ist, entstehen durch die Ausführung der Entscheidung zum Erhalt des Schlossparks gerade keine Kosten, die allein mit der Ausführung der begehrten Maßnahme, also dem bloßen Erhalt des Parks im Zusammenhang entstehen.

So hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Falle eines Bürgerbegehrens gegen die Veräußerung eines gemeindlichen Grundstücks entschieden, dass ein Vorschlag zur Deckung der Kosten entbehrlich sei. Denn durch die Ablehnung des Verkaufs des fraglichen Grundstücks würden keine Kosten entstehen.

VGH Baden-Württemberg, U. v. 06.04.1992, 1 S 3142/91, DÖV 1992, 839

Bei Begehren gegen die Errichtung von Bauten oder Einrichtungen können Kosten allenfalls dann entstehen, wenn die Gemeinde bereits vertragliche Verpflichtungen beispielsweise mit der Abrede einer Vertragsstrafe eingegangen ist. In der Regel werden durch Begehren, die auf Erhalt des status quo gerichtet sind, Kosten erspart.

Vgl. Schumacher, in: Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Band 1, § 20 GO, 5.2.

Unter diesem Gesichtspunkt ist zu berücksichtigen, dass das Unternehmen ECE das Schlosspark-Grundstück kaufpreisfrei erhalten soll. Der Stadt Braunschweig bleibt bei einem positiven Bürgerentscheid unter Zugrundelegung des geschätzten Wertes des Grundstücks ein Verlust von 35,5 Mio. € erspart. Im Gegensatz zu den Plänen des Rates widerspricht das Bürgerbegehren den Grundsätzen des gemeindlichen Haushaltsrechts und der Wirtschaftlichkeit nicht. Demgegenüber sind die Einnahmeausfälle, auf die der Beklagte hinweist, im Rahmen des Kostendeckungsvorschlags nicht zu berücksichtigen. Denn bei einem Bürgerbegehren, dass sich für den Erhalt eines Bauwerks einsetzt, kann es keine Rolle spielen, welche alternativen und u. U. profitableren Nutzungen sich der Rat der Gemeinde für das bebaute Grundstück vorstellt. Denn im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids tritt der in ihm artikulierte Bürgerwille gerade an die Stelle eines Ratsbeschlusses. Andernfalls könnte ein Bürgerbegehren, das für den Erhalt eines Bauwerks eintritt, immer dann an der Frage der Kostendeckung scheitern, wenn der Gemeinderat für das betreffende Grundstück besonders finanzkräftige Nutzungsmöglichkeiten wählt, die einen Abriss der baulichen Anlage erforderlich machen. 

2.2.4    Einreichungsfrist gem. § 22 b Abs. 5 S. 2 NGO

Das Bürgerbegehren ist auch nicht deshalb unzulässig, weil es mit den zur Unterstützung erforderlichen Unterschriften erst am 19.12.2003 eingereicht wurde. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht die Dreimonatsfrist des § 22 b Abs. 5 S. 3 NGO, sondern die Sechsmonatsfrist des § 22 b Abs. 5 S. 2 NGO maßgebend.

Da sich das vorliegende Bürgerbegehren gerade nicht gegen die bauplanerischen Entscheidungen des Rates und im übrigen auch gegen keine andere Entscheidung des Rates bezüglich des Schlossparks richtet, liegt entgegen der Auffassung des Beklagten kein kassatorisches Begehren vor. Die besondere Frist des § 22 b Abs. 5 S. 3 NGO ist daher nicht einschlägig und wäre es im übrigen auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten nicht. Denn kassatorische, d.h. auf die Aufhebung von Ratsbeschlüssen gerichtete Bürgerbegehren, setzen einen nach § 22 b Abs. 3 S. 1 NGO zulässigen Gegenstand voraus. Gemäß § 22 b Abs. 3 S. 2 Nr. 6 NGO sind Bürgerbegehren gegen die Aufstellung oder Änderung von Bauleitplänen unzulässig. Da ein Bürgerbegehren, das sich auf einen Gegenstand des Negativkatalogs in § 22 b Abs. 3 S. 2 NGO richtet, bereits unstatthaft ist, stellt sich die Frage der Fristeinhaltung gem. § 22 Abs. 5 S. 3 NGO in diesen Fällen nicht.

Für die Einreichung des Bürgerbegehrens gilt vorliegend gem. § 22 b Abs. 5 S. 2 NGO eine Frist von sechs Monaten, beginnend mit dem Eingang der Anzeige des Bürgerbegehrens. Die Anzeige des Bürgerbegehrens ist am 23.06.2003 bei der Beklagten eingegangen. Die Frist endete am 23.12.2003. Das Bürgerbegehren wurde damit am 19.12.2003 fristgerecht eingereicht.

Im Ergebnis hat die Klägerin einen Anspruch auf Zulassung ihres Bürgerbegehrens aus § 22 b NGO. Die Entscheidung des Beklagten, das Begehren als unzulässig zurückzuweisen, ist rechtswidrig. Der Beklagte ist daher zu verpflichten, das Bürgerbegehren zuzulassen und den Weg für einen Bürgerentscheid über die Frage des Erhalts des Schlossparks freizumachen. 

Eine einfache und beglaubigte Abschrift fügen wir bei.



de Witt
Rechtsanwalt






http://www.schlosspark-braunschweig.de