Feinstaub: Gericht zwingt Kommunen zum Handeln
Stuttgart muss Maßnahmen gegen schmutzige Luft
ergreifen
Stuttgart (afp/ap/ddp).
Das Land Baden-Württemberg muss einen Aktionsplan zur Reduzierung
der
Luftbelastung mit gesundheitsgefährlichem Feinstaub erstellen.
Dies hat
das Verwaltungsgericht Stuttgart am Dienstag auf die Klage von zwei
Bürgern der Stadt entschieden. Das Gericht begründete sein
Urteil
damit, dass das Land seit September 2003 Zeit gehabt habe, sich auf die
Anfang dieses Jahres in Kraft getretene EU-Grenzwerte zur
Feinstaubbelastung vorzubereiten.
Der Aktionsplan dient laut Urteil
„als Vorschaltmaßnahme“ gegen eine weitere Überschreitung
von
Grenzwerten. Der maßgebende Grenzwert sei in diesem Jahr in
Stuttgart
bereits „an mehr als 70 Tagen überschritten worden“, betonte das
Verwaltungsgericht. 35 Überschreitungen sind jährlich
erlaubt. Zur
Urteilsbegründung berief sich das Gericht auch auf Artikel 19 des
Grundgesetzes, der einen Anspruch auf geschütztes
Individualinteresse
gewähre. Kläger Rupert Kellermann zeigte sich zufrieden
über seinen
Erfolg: „Der Druck auf das Regierungspräsidium wird zunehmen,
geeignete
Maßnahmen vorzulegen“, sagte er. Beide Kläger
befürchten
gesundheitliche Nachteile durch die dauernde Überschreitung des
Grenzwerts. „Wir brauchen weder öffentlichen Druck noch
gerichtlichen
Zwang, um einen Aktions- und Luftreinhalteplan zu erstellen“, sagte
dagegen Regierungspräsident Udo Andriof. Es werde mit Hochdruck an
einem Maßnahmenkatalog gearbeitet.
Umweltverbände sprachen von einer
„bundesweiten Bedeutung“. „Die Klagebegründung ist eine Ohrfeige
für
das Land Baden-Württemberg und das Regierungspräsidium. Beide
waren zu
lange untätig und haben auf die Erhöhung der Grenzwerte in
Bereiche
gehofft, die nie erreicht werden würden“, sagte Klaus-Peter
Gussfeld,
BUND-Verkehrsreferent.
Nach den Ergebnissen einer vom Gericht
zitierten Studie sterben jedes Jahr etwa 300 000 Europäer wegen
Feinstaubs aus dem Straßenverkehr und der Industrie vorzeitig an
Herz-
und Krebserkrankungen. Die Lebenserwartung jedes Europäers sinke
durchschnittlich um neun Monate.
(Az.: VG Stuttgart 16K 1121/05; 16K 1120/05)
VW stellt Rußfilter in Frage:
Volkswagen-Chef Bernd Pischetsrieder hat unterdessen die Verabredung
zwischen Bundesregierung und Autoindustrie in Frage gestellt, wonach
bis spätestens 2009 alle neu zugelassenen Diesel-Pkw mit
Rußfiltern
ausgerüstet sein sollen. Solche Filter gelten als bestes Mittel
gegen
Feinstaub. Die Bundesregierung habe im Gegenzug zugesagt, Neufahrzeuge
mit Rußfilter steuerlich zu fördern, sagte Pischetsrieder.
Am
vergangenen Freitag hatte der Bundesrat eine solche Förderung
jedoch
abgelehnt.
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