Zum "originalgetreuen Wiederaufbau des Schlosses"
Leserbrief von Matthias Witte  -  23.04.2004

In der BZ vom 20. 04. 04 erschienen zum 'Schloss-Wiederaufbau' zwei Artikel
an prominenter Stelle (Seite 1 links oben u. Stadtseite 1 oben), die leicht
den Eindruck erwecken könnten, dass das Schloss nun tatsächlich
originalgetreu wiederaufgebaut werden soll.
(Zitate: "Das [...] 1960 [...] abgerissene Schloss soll [...]
wiedererstehen. 'Wir bauen es bis in Details genau wieder auf' erklärt
Diplom-Bauingenieur Kent Opfermann." , "Das wird keine Fassade für ein
Einkaufszentrum, das wird ein richtiges Schloss." , " 'Wir bauen das Schloss
originalgetreu wieder auf' ist Kent Opfermann mit dem Ergebnis sehr
zufrieden.")
[Artikel Kaffeetrinken auf Herzogs Balkon]
[Artikel Schloss-Pläne sind fertig]

Eine Rückfrage bei Herrn Opfermann ergab im Wesentlichen folgendes: Sein
Büro hat Pläne erstellt für eine originalgetreue Rekonstruierung von drei
der vier Fassaden des Schlosses (zusätzlich Dach ohne Kuppel und kleine
Teile der Rückseite).
Die Realisierung dieser Pläne steht unter dem Vorbehalt, dass das Geld
reicht, sonst gibt 's Vereinfachungen. Im Inneren wird mit Ausnahme im
Bereich des kleinen Schlossmuseums nichts rekonstruiert werden. In der
Braunschweiger Zeitung sei er falsch zitiert worden: Er habe nicht von
originalgetreuer Schloss-Rekonstruktion, sondern nur von originalgetreuer
Schlossfassaden-Rekonstruktion gesprochen.
Eine Rückfrage beim Redakteur der o. g. BZ-Artikel ergab: Zwar habe Herr
Opfermann von einer Schloss-Rekonstruktion geredet, aber es sei wohl klar
gewesen, dass er eine Schlossfassaden-Rekonstruktion gemeint habe.
Irreführen habe er aber mit seinem Artikel niemanden wollen. Er sei auch der
Meinung, dass wir jetzt ein richtiges Schloss erhielten, weil es jetzt ja
eine originalgetreue Fassade gäbe und innen drin Kultur. Auf meine
Einlassung, dass aber nichtsdestotrotz keine Rede von einer originalgetreuen
Rekonstruktion des Schlosses sein könne, sondern es sich eindeutig nur um
eine Schlossfassaden-Rekonstruktion handle, erhielt ich zur Antwort: Nun
gut, aber er sei eben von dem Vorwissen der Braunschweiger ausgegangen, die
natürlich wüssten, dass das Schloss als ganzes nicht rekonstruiert werden
könne, - da habe er geglaubt, sich die Nachlässigkeit im Sprachgebrauch
schon mal erlauben zu können. (Das solle aber nicht wieder vorkommen.)

Fazit:
1. Zur Schloss-Rekonstruktion: Es bleibt bei der Rekonstruktion der
Schlossfassade unter dem Vorbehalt: originalgetreu nur, soweit das Geld
reicht, sonst wird vereinfacht (und die Planungsarbeit für die Fassade war
laut o. g. BZ-Artikeln ja schon mal aufwendiger als vermutet.).
2. Zur BZ: Artikel in der BZ sind nicht unbedingt wörtlich zu nehmen. Es
wird davon ausgegangen, dass der Leser ein Vorwissen hat, das ihm erlaubt,
zwischen den Zeilen eventuell auch das Gegenteil von dem herauszulesen, was
wörtlich geschrieben steht.

Nachtrag: Die wesentliche Nachricht der o. g. Artikel ist eine ganz andere:
"Im unteren Eingangsbereich wird Verkaufsfläche den Schlossgrundriss
schneiden." Das heißt man geht zurch den zentralen Eingang des 'Schlosses',
den Eingang also, hinter dem man das Wesentliche erwartet und wird über kurz
oder lang und wohl ohne kulturelle Umwege (Genaueres wusste mal wieder
keiner zu sagen) direkt im ECE-Kaufhaus stehen.

Matthias Witte


http://www.schlosspark-braunschweig.de