Pressemitteilung

NABU Bezirksgruppe Braunschweig
16.06.2005


NABU stellt Strafanzeige gegen den Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig


Der Naturschutzbund Deutschland (NABU), Bezirksgruppe Braunschweig e. V., hat am Donnerstag den 16.06.2005, Herrn Dr. Gert Hoffmann, sowie gegen Unbekannt Strafanzeige erstattet. Begründet wurde die Strafanzeige mit dem massiven Verstoß gegen die Verbote nach § 37 (1) des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes und § 42 (1) des Bundesnaturschutzgesetzes im Zusammenhang mit der Fällung von ca. 270 Bäumen des Braunschweiger Schlossparks sowie der Entfernung des gesamten Unterholzes und Buschwerkes in den Folgetagen.

Wie die ersten beiden Vorsitzenden des NABU, Prof. Dr.-Ing. Friedmund Melchert und Carlo Fuchs, mitteilten, hält der NABU bereits die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung aufgrund der in der Pressemitteilung des Oberbürgermeisters vom 18. Mai 2005 genannten Gründe für rechtswidrig.

Die angegebenen "wirtschaftlichen Nachteile" einer Verschiebung der Maßnahmen um wenige Wochen bis zum Ende der Brutperiode rechtfertigten nicht den massiven Eingriff und Verstoß gegen die Naturschutzgesetze. Dem OB war dabei bekannt, dass dieser Termin mitten in der Brutzeit lag und damit die Vernichtung von Nest-, Brut-, Wohn- und Zufluchtstätten wild lebender Tiere der besonders und streng geschützter Arten zur Folge hatte.

"Trotz zweier konkreter schriftlicher Nachfragen an Herrn Dr. Hoffmann durch uns als NABU Bezirksgruppe sowie einer zusätzlichen Nachfrage durch unseren Landesverband hat der NABU bisher weder den Text der Ausnahmegenehmigung noch die angefragte Auskunft über Durchführung, Überwachung und Einhaltung erteilter Auflagen erhalten", so Prof. Dr. Friedmund Melchert.

"Dies steht uns nach dem UIG (Umweltinformationsgesetz) zu", ergänzt Carlo Fuchs. "Vor einer Strafanzeige hätten wir zwar gern die vollständigen schriftlichen Unterlagen eingesehen, aber wir lassen uns jetzt nicht länger hinhalten. Welchen Stellenwert der Naturschutz für die jetzige Verwaltungsspitze hat, zeigt auch die beschämende Tatsache, dass Herr Dr. Hoffmann es nicht für nötig hält, dem Träger der Bürgermedaille der Stadt Braunschweig persönlich auf seine Anfragen zu antworten. Statt dessen wurde Herrn Prof. Dr. Melcherts erstes Anschreiben vom 19.05. an den Fachbereichsleiter Meyer weitergereicht, der in einem kurzen Anschreiben nicht eine einzige der gestellten Fragen beantwortet hat", so Carlo Fuchs.

Prof. Dr. Melchert war 2002 auf Vorschlag des Umweltamtes in einer offiziellen Feierstunde im Rittersaal des Altstadtrathauses zusammen mit seiner Frau Annemarie für jahrzehntelanges, ehrenamtliches Engagement für den Naturschutz mit der Bürgermedaille der Stadt Braunschweig ausgezeichnet worden - vorgenommen von dem 1 Jahr zuvor gewählten neuen Oberbürgermeister Hoffmann.

"Davon abgesehen, dass wir die erteilte Ausnahmegenehmigung an sich bereits für rechtswidrig halten, sind, soweit man dies ohne Einsichtnahme in die Akten beurteilen kann, zudem sowohl in der erteilten Genehmigung als auch in der Ausführung eine Reihe von weiteren naturschutzfachlichen Mängeln festzustellen. Sachlich festzuhalten ist, dass die geborgenen 5 Nester und 20 Vogeleier nur einen kleinen Bruchteil der tatsächlich vorhanden gewesenen und zerstörten Vogelniststätten darstellen. Es erscheint uns deshalb unmöglich, dass es im Bereich des Schlossparks nur diese extrem geringe Zahl von Nestern und Eiern gegeben haben soll und Mitte Mai ausgerechnet nur im Schlosspark nicht einen einzigen Nestling (Jungvogel). Gerade nach der Schließung des Bauzaunes ab 20. April waren die Singvögel in der Hauptbrutzeit ungestört von Passanten, so dass gegenüber vergleichbaren Bereichen eher von einer höheren als einer extrem niedrigen Nesterzahl auszugehen ist. Des weiteren wird weder in der Pressemitteilung des OB noch in den weiteren Stellungnahmen der Stadt in der Presse auf die Wohn- und Zufluchtsstätten anderer Tiere eingegangen, so dass wir bezweifeln, dass diese bei der Erteilung der Ausnahmegenehmigung berücksichtigt wurden.

Anzumerken ist noch, dass die Strafanzeige bereits letzten Freitag gestellt werden sollte, aber der Kriminaldauerdienst, aufgrund von Einsparmaßnahmen personell unterbesetzt und überlastet, hätte die Anzeige erst nach für uns mehrstündiger Wartezeit von uns aufnehmen können, so dass wir das Stellen der Strafanzeige verschoben und den Schriftsatz nun einige Tage später selbst formlos aufgesetzt haben.

Zu der am Mittwoch in der BZ zu lesenden Ablehnung der von der Initiative Innenstadt gestellten Fachaufsichtsbeschwerde ist aus Sicht des NABU folgendes anzumerken:

"Da wir die gegen den Naturschutz ausgerichtete Amtsführung des derzeitigen niedersächsischen Umweltministers inzwischen zur Genüge kennen gelernt haben, hatten wir uns diesen Weg geschenkt. Herr Sander (FDP) hat bereits mit erschreckender Regelmäßigkeit bewiesen, dass er fachlich eine echte Fehlbesetzung ist und statt dessen seit seinem Amtsantritt sein ganzes Handeln auf die Zerschlagung sowohl des ehrenamtlichen als auch des behördlichen Naturschutzes ausgerichtet - für das Amt eines Umweltministers eine Schande. Für uns war daher zu erwarten, dass die Führungsebene des Umweltministeriums auf eine derartige Beschwerde nur parteipolitische Gefälligkeiten verteilen lässt, statt ihrer Dienstpflicht nachzukommen" so Carlo Fuchs. "Die Art und Weise, wie hier unsachlich und am Thema vorbei argumentiert wurde, ist aber trotzdem einmal mehr erschütternd. Wir empfehlen jedoch Herrn Hoffmann, über diese angebliche `Rechtsauffassung´ des Umweltministeriums keine Freude aufkommen zu lassen, denn diese Stellungnahme ist nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben wurde. So etwas kann uns nicht beeindrucken."

Mit naturfreundlichen Grüßen

Carlo Fuchs
(2. Vorsitzender d. NABU Bezirksgruppe Braunschweig)

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Carlo Fuchs
Naturschutzberater / NABU Pressereferent
NABU Bezirksgeschäftsstelle Braunschweig
Hochstr. 18
38102 Braunschweig

E-Mail: NABU.Braunschweig@t-online.de

Der NABU Braunschweig im Internet:
www.NABU-Braunschweig.de





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